(Westfälische Nachrichten, Kulturelles Leben, 14. August 2000)
Sarah ist 13 und findet Bon Jovi „voll cool“. Sie weiß nichts über die Vergangenheit der Rockband, aber sie liebt die neue Platte und ein bisschen auch den smarten Frontmann. Katrin ist 17 und erinnert sich auch an einen Vorgänger des aktuellen Albums. Sie wäre gerne zum Konzert gefahren, doch die Eintrittspreise bei Rockkonzerten machen die moderne Volksmusik zum Programm für Besserverdienende. Mehr als 80 Mark Katrin kapituliert.
Das ist schade, denn es hätte ihr gefallen. Zweieinhalb Stunden lang ließ sich die Band aus New Jersey von 35000 Fans im Essener Georg-Melches-Stadion feiern. ort spielten die Fünf das erste Deutschland-Konzert im Rahmen der zwei Jahre dauernden Welttournee.
Die Band drischt unentwegt Blockstart in Spalte 2Phrasen. Die aufwendig arrangierten Stücke basieren auf altgedienten Fundamenten. Bon Jovi haben den Rock'n'Roll nicht erfunden, sondern fügen ihn zielsicher in die heutige Zeit ein. Der schöne Leib birgt ein schlichtes Herz. Die Band hat den Rock seinen Wurzeln entrissen und wuchert mit dem Pfund. Dabei bleiben die Musikprofis nicht ohne Ambitionen und wagen sich an neue Arrangements alter Stücke heran. Aktuelle Kracher wie „Just older“ litten darunter, dass sie auf Mitklatsch-Tempo gedrosselt wurden.
Bei seinem Auftritt bedient sich Frontmann John Bongiovi hemmungslos aller Klischees eines Bilderbuch-Rockstars. Er blickt wild und verwegen, steht breitbeinig, reißt die Gitarre in die Höhe und zeigt mit ausgestrecktem Arm in Richtung Zuschauer.
Die großen Gesten und konventionellen Posen des Rockstars hat er verinnerlicht und
trägt dick auf. Dabei marschiert er schnurstracks auf dem schmalen Grat zwischen gesundem Selbstbewusstsein und selbstverliebter Arroganz. Aber das alles passt so herrlich zusammen, dass es schlüssig ist und gefällt. Das erwarten die Fans von einem Popstar, der Zeilen singt wie „Mein Herz ist wie eine leere Autobahn“. Genau so passt eine Rock'n'Roll-Show in diese Zeit. Musik und Show reißen mit und passen ganz neben bei auch auf's Hochglanzposter im Teenie-Magazin. Gunnar A. Pier